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EINE DOULA IST WIE EINE FREUNDIN AUF ZEIT

Aktualisiert: 2. Juni 2022

Stephanie Johne - Doula, Female Health Mentor, Autorin von @milk.and.mother und Mama


Nach der Geburt ihres Sohnes beschließt Stephanie kurzerhand eine Ausbildung zur Doula zu machen. Neben dem österreichischen Doula Training bei Angelika Rodler und der DONA-Ausbildung bei Debra Pascali-Bonnaro, ist sie außerdem Kundalini Yoga Doula, hat das Postpartum Training bei Kimberly Ann Johnson absolviert und eine Vaginal Steaming Facilitator- und Ayurveda-Kochausbildung gemacht. Neben ihrer Leidenschaft für Geburt und Frauengesundheit arbeitet Stephanie auch als Journalistin und Autorin und hat 2020 das Wellness-Label Joni Joni gegründet.



Liebe Stephanie, woher kam bei Dir der Wunsch, Doula zu werden? Nach der Schwangerschaft mit meinem Sohn habe ich erkannt, wie viel in unserem System falsch läuft und wollte gerne etwas dazu beitragen, das langfristig zu ändern. Meine Berufung ist das Schreiben, das lag also nahe. Bereits in der Schwangerschaft habe ich deshalb u.a. für Refinery29 viel auf Missstände hingewiesen. Nach der Geburt habe ich dann aber gemerkt, dass mir das nicht reicht. Ich wollte an vorderster Front stehen und Frauen darin bestärken, die richtigen Fragen zu stellen, um für sich und ihre Familien die richtigen Entscheidungen treffen zu können.


Man kennt Dich auch unter ‘Warrior Woman’. Was bedeutet der Name fuer Dich?

Ich selbst habe unter der Geburt meines Sohnes erlebt, wie kraftvoll eine Geburtserfahrung ist. Ich wurde vom Krankenhauspersonal zwar nicht so behandelt, habe mich aber gefühlt wie eine Kriegerin. Auch Wochen nach der Geburt konnte mir das niemand nehmen – der traumatischen Erfahrungen, die ich machen musste. Am Ende waren es die mir vertrauten Menschen, die es geschafft haben, mir bei der Geburt „den Raum zu halten“ und mich vor größeren seelischen Schäden zu bewahren. Im Wochenbett habe ich dann das Buch von Maxine Hong Kingston „The Woman Warrior“ gelesen, wo es viel um das kulturelle Erbe der chinesischen Community in den USA geht, aber auch allgemein um unsere Rolle als Frauen in der Gesellschaft und Geheimnisse, die wir als Frauen in uns tragen. Dieses Geheimnis ist für mich die Fähigkeit, Kinder zu bekommen – ganz gleich, ob wir uns als Frauen dafür entscheiden oder nicht. Ich wusste sofort, dass das der Name für mein Doula-Business sein wird, weil es mir eine Herzensangelegenheit ist, Frauen ihre Kraft zu bringen.

Wie wird man eine Doula? Welche Vorkenntnisse braucht man?

Früher war es mal Voraussetzung, dass man selbst Mama ist, um eine Doula-Ausbildung machen zu können. Diese Bedingung stellen nur noch wenige Organisationen. Das Angebot wird mittlerweile immer größer, selbst im deutschsprachigen Raum findet man mittlerweile mehr als nur eine Ausbildung. Ich empfehle von Herzen die Ausbildung in der österreichischen Steiermark bei Angelika Rodler. Die ist unfassbar transformierend und sehr vielseitig. International gesehen ist DONA sicher das älteste und beste Flaggschiff. Das Training in Österreich bietet aber beispielsweise die Option, bei beiden Organisationen zu zertifizieren, was super ist. Wer in Deutschland ist, tut aber sicher gut daran, sich eine Ausbildung vor Ort zu suchen – die regionalen Gegebenheiten sind so unterschiedlich und es ist wichtig, diese zu kennen, um in dem Beruf weiterzukommen und etwas zu verändern.


Hast Du Tipps für unsere Leser wie man die richtige Doula findet? Worauf sollte man achten?

Eine Doula ist so etwas wie eine Freundin auf Zeit – daraus entwächst bis zur Geburt oft eine sehr innige, intime Beziehung. Das wichtigste ist also, dass es zwischenmenschlich passt. Ansonsten würde ich mir sehr genau überlegen, was ich mir von der Doulabegleitung wünsche. Viele Doulas bieten ein breites Zusatzangebot an – gerade in den Bereichen Ernährung in der Schwangerschaft und im Wochenbett, Yoga, Meditation, Kräuterkunde, Massagen. Wer also sehr ganzheitlich in der gesamten Zeit der Schwangerschaft betreut werden will, sollte das vielleicht vorab definieren und auch danach suchen. Ich möchte an der Stelle aber noch einmal ganz klar stellen, dass eine Doula zu keinem Zeitpunkt ein Ersatz für eine Hebamme ist. Wir arbeiten nur ergänzend zu dieser und sprechen uns bestenfalls mit dieser ab.


Du begleitest Mütter nicht nur vor und während der Geburt sondern auch beim Wochenbett - eine Zeit die oft benachteiligt wird. Wie sieht in Deinen Augen die optimale Wochenbettzeit aus?

Das optimale Wochenbett ist geprägt von ganz viel Ruhe – am besten in den ersten zwei Wochen ganz ohne unnötigen Besuch, dafür mit drei frisch gekochten, wärmenden Mahlzeiten am Tag, einer liebevoll umsorgten Mama, einem Papa, der nicht plötzlich den ganzen Haushalt alleine schmeißen muss, sondern ebenfalls Zeit hat, in seine neue Rolle zu wachsen und ein ausgiebiges Wellness- und Kuschelprogramm. Ich weiß, dass das für für manche Mamas jetzt völlig utopisch klingt, mit der richtigen Planung ist das aber möglich und muss kein Luxus sein. Mein Buch „Milk & Mother“, das im Herbst 2020 erscheint, handelt davon, wie wir wieder lernen, diese Zeit mehr als das zu zelebrieren, was es ist: Eine Zeit des Rückzugs!


Was sind die häufigsten Probleme die nach einer Geburt aufkommen können? Womit kämpfen die meisten Eltern nachdem sie ihr Neugeborenes nach Hause bringen? Das ist so pauschal gar nicht so leicht zu beantworten. Am Kräfte zehrendsten ist aber ganz klar die Lebensumstellung. Die frisch gebackene Mama kümmert sich plötzlich 24/7 um ein kleines Menschlein, das voll und ganz auf sie angewiesen ist. Gleichzeitig braucht sie selbst aber noch ganz viel Fürsorge, weil ihr Körper gerade eine echte Meisterleistung vollbracht hat und das vierte Trimester ein wichtiger Bestandteil der Schwangerschaft ist. Oft hängt dann alles an den en frisch gebackenen Papas, die dann schnell ausbrennen. Das wiederum belastet eine Beziehung. Wenn beide in dieser Zeit nicht gut genährt und umsorgt sind, um die schlaflosen Nächte, die fehlende Zeit füreinander und sich selbst wett zu machen, dann kann diese Zeit unfassbar herausfordernd sein. Was schade ist, weil Vieles davon gut geplant vermeidbar wäre. Wir haben noch immer einen rasanten Anstieg an Wochenbettdepressionen, die sicher nicht in allen Fällen, wohl aber in den meisten vermeidbar wären, wenn unsere Kultur diese Zeit endlich wieder als heilig ansehen würde.

Als Doula begleitet man die wunderschönsten Momente einer Familie. Was war bisher Dein absoluter Lieblingsmoment während einer Geburt?

Ohje, das kann ich nicht (mehr) auf einen Moment herunter brechen, dazu habe ich schon zu viele Geburten begleiten dürfen. Ich muss ehrlich gesagt jedes Mal weinen, wenn das Baby dann da ist. Ich bin von Herzen dankbar, dass alle Geburten bis dato wirklich unkompliziert und schön waren, berührend sind aber immer die Hausgeburten, bei denen das Baby manchmal plötzlich einfach so – mir nichts dir nichts – plötzlich da ist. Es ist bewegend zu sehen, wie intuitiv Frauen handeln, wenn ihnen der Raum dafür gegeben wird und wie sehr sie eigentlich nichts brauchen – außer ein Team, das an sie glaubt.


Ihr findet mehr über Stephanie auf ihrer Webseite www.warrior-woman.net oder über instagram unter @_warriorwoman.


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